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FMEA in SIX SIGMA: Warum die RPZ zur AP wurde
Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) gehört zu den zentralen Werkzeugen im Qualitätsmanagement, um mögliche Fehler in Prozessen, Produkten oder auch Dienstleistungen verlässlich zu erkennen und ihr Ausmaß zu bewerten. Wer mithilfe von SIX SIGMA Prozesse optimieren möchte, kommt an der FMEA nicht vorbei – und bis vor einigen Jahren auch nicht an der RPZ, der Risikoprioritätszahl, eine wichtige Kennzahl der Fehleranalyse. Seit 2019 wird sie allerdings durch die AP, die Aufgabenpriorität, ersetzt – ein Wechsel, der aus einer umfangreichen Überarbeitung der FMEA-Methode resultiert. Doch was steckt hinter diesem Wandel?
Die RPZ und ihre Herausforderungen
Jahrzehntelang galt die Risikoprioritätszahl in der FMEA als Teil von SIX SIGMA-Projekten als bewährtes Mittel zur Risikoeinschätzung. Um die RPZ zu berechnen, wurden die Bedeutung (B), die Auftretenswahrscheinlichkeit (A) und die Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) miteinander multipliziert:
RPZ = B x A x E
Die Krux: Unterschiedliche Werte von A, B und E können zu identischen Ergebnissen führen, auch wenn die tatsächliche Risikoeinschätzung sehr unterschiedlich ausfällt. Ein Beispiel:
B x A x E | Ergebnis |
9 x 2 x 8 | 144 |
9 x 8 x 2 | 144 |
2 x 9 x 8 | 144 |
Während der Fehler in der ersten Berechnung gravierend ist, aber selten auftritt, ist der Fehler in der zweiten Berechnung kritisch und kommt zudem sehr häufig vor. Bei der dritten Berechnung dagegen tritt der Fehler zwar häufig auf, ist jedoch nicht schwerwiegend und somit irrelevant für das Unternehmen.
Dies verdeutlicht, dass drei identische Kennzahlen unterschiedlich interpretiert werden können – und die Differenzierung der Risikofaktoren fehlt. In der Praxis führte das dazu, dass in einem SIX SIGMA-Projekt arbeitende Teams nicht klar erkannten, welche Risiken tatsächlich fokussiert werden mussten. Letztlich lag der Schwerpunkt oftmals auf der reinen Reduzierung der RPZ, ohne nachhaltige Maßnahmen zu integrieren.
Geburtsstunde der AP: die AIAG-VDA-FMEA-Harmonisierung
Die grundlegende Überarbeitung der FMEA erfolgte im Rahmen der AIAG-VDA-Harmonisierung im Jahr 2019. Hierbei wurden die Fehler-Möglichkeits- und die Einfluss-Analyse (FMEA) zwischen den US-amerikanischen und europäischen Automobilstandards vereinheitlicht. So setzte man eine strukturierte globale Methodik zur Risikobewertung fest, verbesserte Kommunikation und Effizienz und ersetzte die Risikoprioritätszahl (RPZ) durch die Aufgabenpriorität (AP) zur Maßnahmenpriorisierung.
Vorteile der AP gegenüber der RPZ im Rahmen von SIX SIGMA
Anstatt sich auf eine komplexe Zahl zu konzentrieren, verwendet die AP eine einfachere Skala, um Risiken in „hoch“, „mittel“ und „niedrig“ einzuteilen. Ein intuitiver Ansatz, mit dem die AP eine fokussierte Risikobewertung fördert und dazu beiträgt, dass dringende Probleme klarer herausgearbeitet und priorisiert werden können. Damit wird die FMEA handlungsorientierter und individuelle Maßnahmen werden leichter definiert.
Die wichtigsten Vorteile:
- Klare Priorisierung der Risiken: Die AP ermöglicht es, Fehler und ihre Wahrscheinlichkeit klar zu bewerten und nach Dringlichkeit zu priorisieren. So erhalten SIX SIGMA-Teams eine deutliche Handlungsanweisung statt einer Zahl, die flexibel interpretiert werden kann.
- Fokus auf Gegenmaßnahmen: Die RPZ stellt eine mehr oder minder abstrakte Zahl dar, während die AP es vereinfacht, konkrete Maßnahmen zur Fehlerreduktion zu erarbeiten, statt einfach nur den RPZ-Wert zu senken.
- Einfache Skala: Mit der dreistufigen Skala der AP ist die Kommunikation der Risikoeinschätzung auch über mehrere Teams hinweg einfach und einheitlich.
- Realistische Risikobewertung: Ein Problem der RPZ lag auch in der Unterschätzung des tatsächlichen Risikos, wenn eine hohe Entdeckungswahrscheinlichkeit des Fehlers bestand. Die AP dagegen konzentriert sich stärker auf die Schwere sowie die Häufigkeit des Fehlers, um diesen realistisch einzuschätzen.
Die AP-Matrix:
Im Gegensatz zur Multiplikation der ermittelten Bewertungen der Fehler nach Bedeutung (B), Auftretenswahrscheinlichkeit (A) und Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) werden die einzelnen Werte mithilfe der AP-Matrix eingeordnet in niedrige, mittlere und hohe Aufgabenpriorität. Ausgangspunkt bildet immer die Bedeutung des Fehlers – also die Konsequenzen und Schäden, die daraus resultieren. Diese wird innerhalb der Matrix mit E und A in Verbindung gesetzt und der entsprechende Fehler so hinsichtlich der Aktionspriorität bewertet. Eine solche Tabelle kann folgendermaßen aussehen:
B: 1–4 | B: 5–7 | B: 8–10 | |
A/E: 1–2 | niedrig | niedrig | mittel |
A/E: 3–4 | niedrig | mittel | mittel |
A/E: 5–7 | niedrig | mittel | hoch |
A/E: 8–10 | mittel | hoch | hoch |
AP als zukunftssichere Methode für die FMEA in SIX SIGMA-Projekten
Mit der Aufgabenpriorität (AP) wird seit 2019 eine Methode angewendet, die der RPZ überlegen ist und ihre Schwächen ausmerzt. So erreichen SIX SIGMA-Teams eine einheitliche Fehlerbewertung und können handlungsorientierte Maßnahmen ansetzen, um relevante Fehler wirksam zu reduzieren und nachhaltige Verbesserungen zu erreichen.
Selbstverständlich stehe ich Ihnen bei Fragen zum Thema AP gern zur Verfügung. Hier finden Sie die Kontaktdaten.